Webarten

Bei Stoffen und damit auch bei Tragetüchern gibt es unterschiedliche Webungen und Verarbeitungsarten. Diese haben großen Einfluss auf die Trageeigenschaften.

 

Zuerst mal unterscheidet man 2 Arten von Tragetüchern:

1. die elastischen Tragetücher

2. die gewebten Tragetücher

 

1. Elastische Tragetücher

Elastische Tragetücher sind nicht gewebt sondern gestrickt oder gewirkt. Das Material ist vergleichbar mit dem eines T-Shirts aus Jersey. Diese Tücher sind sehr weich und anschmiegsam, das macht sie für sehr kleine Babys so interessant. Der Kuschelfaktor ist dabei sehr hoch. Durch die große Dehnbarkeit des Stoffes, kann das Tuch komplett vorgebunden werden, was für frischgebackene Eltern, die noch etwas unsicher sind, sehr hilfreich sein kann.

 

Es gibt aber auch Nachteile bei so einem kuscheligen gestrickten oder gewirkten Tragetuch:

Zum einen ist das Baby irgendwann zu schwer für diese Tücher, da die große Dehnbarkeit des Stoffes dazu führt, dass das Kind mit größerem Gewicht nicht mehr fest genug eingebunden werden kann. Man müsste irgendwann noch zusätzlich die Hände zum Stützen des Babys einsetzen und das ist ja nicht Sinn der Sache. Wann das Gewicht erreicht ist, bei dem dieser Effekt eintritt, ist bei den Modellen recht unterschiedlich und liegt je nach Tuch zwischen 6 und 12 kg.

Außerdem müssen die meisten der elastischen Tücher so gebunden werden, dass das Baby von 3 Lagen Stoff, die übereinander gebunden werden, gehalten wird. Im Winter ist dies eigentlich kein Problem, aber im Sommer, der auch schon mal um die 30° mitbringen kann, kann es unter 3 Lagen Stoff extrem warm werden.

 

Was bedeutet denn nun gestrickt oder gewirkt?

Bei Strickware wird ein Faden in Schlingen gelegt und nacheinander immer jeweils eine Schlinge in eine weitere Schlinge geschlungen, dabei ist der Verlauf der Maschen immer horizontal.

Bei der Wirkware gibt es ebenfalls Maschen und Schlingen, die ineinander verschlungen werden, aber der Verlauf ist nicht horizontal, sondern es werden gleichzeitig viele parallele Fäden ineinander geschoben. Dabei verlaufen die Fäden nicht waagerecht sondern nach einem bestimmten System eher senkrecht. Diese Verabeitungsart ist nur maschinell herzustellen, da sehr viele Nadeln gleichzeitig die Fäden durch Schlaufen ziehen.

 

Optisch sind die gestrickten und gewirkten Stoffe nur sehr schwer voneinander zu unterscheiden.

Gestrickte Stoffe sind etwas elastischer als gewirkte Stoffe. Laufmaschen, die man von Strickware kennt, gibt es dafür bei der Wirkware nicht, ebenso sind sie noch weniger knitteranfällig als Strickware.

 

 

2. Gewebte Tragetücher

Am weitesten verbreitet sind die gewebten Tragetücher. Mit ihnen kann man vom ersten Tag an bis zum Ende des Tragealters tragen.

Wichtig ist, dass ein gewebtes Tragetuch diagonalelastisch ist, d.h. in der Längsrichtung und in der Breite sind diese Stoffe stabil, aber diagonal wirken sie elastisch und passen sich dem Baby gut an. Dies wird durch die besonderen Webarten erreicht.

 

Bei jedem gewebten Stoff gibt es einen Kettfaden/Kette und einen Schussfaden/Schuss.

Die Kette ist der Faden, der auf den Webstuhl gespannt wird und den Längsfaden bildet.

Der Schuss ist der Faden, der mit dem Weberschiffchen durch die Kettfäden „geschossen“ wird und bildet damit die Querfäden. Je nachdem wie und wie oft der Schuss durch den Kettfaden gezogen wird, entstehen die unterschiedlichen Webarten.

 

Leinwandbindung

Die einfachste Webart ist die Leinwandbindung. Wer mal auf einem Webrahmen gewebt hat, kennt diese sicherlich. Der Schussfaden geht immer abwechselnd einmal drüber und einmal drunter und in der nächsten Reihe wird er versetzt. Ein solches Gewebe ist auf Vorder- und Rückseite gleich, es hat eine große Scheuer- und Schiebefestigkeit, ist dadurch sehr stabil, hat aber auch eine geringe Diagonalelastizität.

Die Leinwandbindung kommt bei den Tragetüchern eher selten vor, eine Ausnahme bildet der Musselin, eine besondere Form der Leinwandbindung.

 

Köperwebung

Am häufigsten anzutreffen und auch für Anfänger gut geeignet ist die Köperwebung.

Bei der Grundvariante dieser Webart wird der Schussfaden erst über zwei und dann unter einem Kettfaden geführt. In der nächsten Reihe wird dies versetzt angewandt, dadurch entsteht ein schräg verlaufendes Muster, das sich „Grat“ nennt.

Außerdem unterscheidet man noch zwischen dem gleichseitigen Köper, bei dem Vorder- und Rückseite gleich aussehen, und dem ungleichseitigen Köper, bei dem eine Seite mehr Kettfäden und die andere Seite mehr Schussfäden zeigt. Bestimmt wird dies von der Anzahl der übersprungenen Kettfäden.

 

Es gibt viele unterschiedliche Variationen der Köperwebung und von daher auch viele verschiedene Eigenschaften und Mustermöglichkeiten. Bei Tragetüchern kommt diese Art der Webung sehr häufig vor.

 

Einige Beispiele für Köperbindungen (kein Anspruch auf Vollständigkeit):

 

Kreuzköper (broken twill)

  • sehr bekannt und oft verwendet bei Tragetüchern
  • feine Webung
  • auf beiden Seiten gleich
  • hohe Verschiebefestigkeit
  • gerne in Streifenmuster oder uni verwebt
  • langlebig
  • für Anfänger gut geeignet
  • fest
  • diagonalelastisch
  • sehr robust und langlebig

 

Fischgrat (Herringbone)

  • eine besondere Art der Grat-Webung, bei dem die Webrichtung regelmäßig geändert wird, so dass der Eindruck von Fischgräten entsteht
  • meist gleichseitig gewebt
  • sehr anschmiegsam
  • stark diagonalelastisch
  • solide und strapazierfähig

 

Doubleface

  • meist unifarben
  • ungleichseitig, Vorder- und Rückseite haben verschiedene Farben

 

Diamantköper (diamond twill)

  • eine besondere Art der Grat-Webung, in der der Eindruck eines Diamanten entsteht
  • diagonalelastisch
  • gleichseitig
  • fest bei gleichzeitiger hoher Flexibiltät
  • schmiegt sich gut an
  • anfängertauglich

 

Rautenköper

  • dem Diamantköper zum Verwechseln ähnlich, von Herstellern mitunter als Diamantköper angeboten
  • im Vergleich zum Diamantköper sind die Rauten geschlossen gewebt
  • etwas lockerer gewebt als Diamantköper
  • ähnliche Eigenschaften wie Diamantköper, aber etwas weicher und diagonalelastischer

 

Waffelbindung (Honeycomb)

  • strukturierte plastische Oberfläche, die an Waffeln oder Waben erinnert
  • die plastische Wirkung entsteht dadurch, dass manche Gruppen von Kett- und Schussfäden nach einem ausgeklügelten System verkürzt verlaufen und andere  aus Flottierungen also ungebundenen Abschnitten bestehen, dadurch verlaufen nicht alle Fäden ganz gerade, sondern werden schräg abgelenkt und lassen ein dreidimensionales Bild entstehen
  • wird als dick empfunden
  • gute Feuchtigkeitsaufnahme

 

Jacquard

  • eine veredelte Webart, deren Name auf den Erfinder J.M. Jacquard (1752-1834) zurückzuführen ist, der ein neuartiges System für das Weben an den Webstühlen erfand (beliebiges Anheben und Senken der Kettfäden), mit dem großflächige und komplizierte Webmuster ermöglicht wurden
  • je nach Muster überspringen die Schussfäden schon mal viele Kettfäden, dadurch können diese Gewebe empfindlich für Fadenzieher werden
  • ungleichseitig, Vorder- und Rückseite farbverkehrt
  • lockere Webung
  • sehr anschmiegsam und weich
  • große Mustervielfalt

 

Musselin (s. separaten Artikel)

 

 

 

 

 

Kreuzköper in Streifenmuster

 

 

 

Doubleface

 

 

 

Diamantmuster

 

 

 

Jacquard

 

 

 

 

Musselin

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